
Es gibt wohl in Essen und wahrscheinlich auch im ganzen Ruhrgebiet kaum einen umtriebigeren Bildungsaktivisten als Turgay Tahtabaş. Sein tägliches Pensum ist enorm: als unermüdlicher Netzwerker, Motivator und Kümmerer ist er unterwegs zwischen früher vom Bergbau geprägten Essener Stadtteilen wie Karnap, Kray oder Katernberg. Heute leben hier viele Zugewanderte, die Hilfe von einem wie ihm brauchen. Einem, der nie aufgesteckt hat, der sich als türkisch-stämmiger Migrant selbst seinen Weg in die Mitte der deutschen Gesellschaft gebahnt hat, mit Freundlichkeit, Beharrlichkeit und Offenheit.
Turgay Tahtabaş ist so etwas wie eine Symbolfigur für gelungene Integration geworden. Er lebt das, wofür das Ruhrgebiet schon immer stand: Für das sicher nicht spannungsfreie, aber immer friedliche Miteinander von Menschen aus aller Herren Länder, für Großzügigkeit und Achtsamkeit im täglichen Miteinander, so rau das auch manchmal sein mag.
Turgay Tahtabaş hat ein eigenes, vom Stifterverband gefördertes Bildungswerk aufgebaut, war zur Stelle, als die Flüchtlinge 2015/2016 in so großer Zahl in die Stadt kamen, half mit guten Ideen, mit Sprach- und Musikkursen und mit seiner ganzen einnehmenden Persönlichkeit.
Hinter dem umtriebigen Netzwerker steckt eine sensible Persönlichkeit mit großem Verantwortungsbewusstsein. Die Rückkehr in seinen eigentlichen Job als Müllwerker der Stadt Essen stand in den vergangenen Monaten immer mal wieder zur Diskussion, wenn die Mittel für sein Bildungswerk knapp zu werden drohen. Bis jetzt konnte er das abwenden, denn seine Kraft möchte er lieber für die Allgemeinheit und seine Projekte einsetzen. Daraus, so sagt er selbst, zieht er seine Lebensfreude, die man für seine Art zu leben und zu denken, dringend braucht.
Erstveröffentlichung: 23. Juli 2019
Autor: Michael Sonnabend